Donnerstag, 30. Januar 2020

Do it like the Scots


Den besten Teil meines Aufenthalts in Großbritannien habe ich mir bis zum Schluss aufgehoben: eine Reise nach Schottland. Dieses Jahr hatte ich die stressigsten Weihnachts-„Ferien“ ever (Wer hat sich denn bitte das englische System ausgedacht, dass die Prüfungsvorbereitung auf die Feiertage fällt??) und einen Januar voller Essay-Deadlines und Klausuren. Als Belohnung habe ich mir endlich eine Reise nach Schottland gegönnt – Dieser Wunsch ging mir spätestens nicht mehr aus dem Kopf, seit ich angefangen hatte, Outlander anzusehen. 
*seufz* ©Paste Magazine
Zusammenfassend kann ich sagen: Edinburgh ist unglaublich schön, ich hatte ausgerechnet in Schottland Glück mit dem Wetter und Haggis schmeckt viel besser als gedacht! 
Die Victoria Street in Edinburgh
Haggis, Neeps and Tatties - Zutaten-Googlen auf eigene Gefahr
Highlands-Feeling beim Wandern auf Arthur's Seat
        Außerdem ist mir bei einer Stadttour etwas Erstaunliches klar geworden: Mein Auslandssemester hat dafür gesorgt, dass ich etwas mit den Schotten gemeinsam habe. Nein, ich bin nicht plötzlich besonders patriotisch geworden, habe keinen Akzent zum Dahinschmelzen und ich habe auch nicht meine Liebe zu Whisky entdeckt. Aber nachdem unser schottischer Stadtführer zum fünften Mal wiederholt hat, dass er und seine Landsleute vielleicht nicht besonders „clever“, dafür aber „very creative“ seien, habe ich mich wiedererkannt. Ich kann zwar schwer sagen, wie sich das Auslandssemester auf meine Cleverness ausgewirkt hat, aber ich bin auf jeden Fall kreativer und erfinderischer geworden.
          Das hat auch die Langzeitstudie „Evaluating the Study Abroad Experience Using the Framework of Rotter’s Social Learning Theory” von Mark McLeod et al. gezeigt. Die Studie hat die Auswirkung eines Auslandsstudiums auf die Persönlichkeit der Auslandsstudenten untersucht und sich dabei an Rotters Social Learning Theory orientiert. Laut dieser Theorie bestimmen zwei Faktoren das menschliche Verhalten: die Erwartung, belohnt zu werden, wenn wir uns auf eine bestimmte Weise verhalten und wie erstrebenswert wir die jeweilige Belohnung finden. Die Social Learning Theory ordnet Menschen auf einer Skala zwischen sehr „intern“ und sehr „extern gesteuert“ ein. Für Internals ist alles, was ihnen passiert, eine Folge ihrer eigenen Handlungen. Das macht sie zu guten Problemlösern. Im Gegensatz dazu denken Externals, dass alles von äußeren Mächten, zum Beispiel dem Schicksal, bestimmt ist. Hier ein Beispiel:
Externals: "Oh man, immer hab ich so ein Pech!" vs. Internals: "Tja, ich hätte halt im Gehen nicht auf mein Handy schauen sollen." ©Pixabay
                McLeods Studie hat gezeigt, dass Studierende nach einem Auslandsaufenthalt mehr intern gesteuert sind und so besser Probleme lösen können. Das kann ich nur bestätigen. Ganz allein in einer komplett neuen Umgebung, fremden Kultur, ungewohnten Umständen und unangenehmen Situationen – Während eines Auslandsstudiums sind wir auf uns selbst angewiesen und müssen irgendwie allein klarkommen. Major Throwback zu meinem allerersten Blogpost: Damals habe ich davon erzählt, wie schon das Benutzen öffentlicher Transportmittel oder das Überqueren einer Straße im Ausland zum Abenteuer werden und einen Kulturschock auslösen kann. Wir müssen allein herausfinden, wie solche alltäglichen Dinge in der ungewohnten Umgebung funktionieren. Ich persönlich hatte außerdem noch mit grundlegenderen Situationen zu kämpfen, die nichts mit der fremden Kultur zu tun hatten. Stichwort Wäschewaschen… Dadurch verwöhnt, dass meine Mutter auch nach meinem Auszug noch meine Klamotten gewaschen hat, stand ich mit 21 Jahren (*peinlich*) zum ersten Mal allein vor einer Waschmaschine und war völlig planlos. Nach anfänglichen Schwierigkeiten wie ehemals weiße Handtücher, die nach dem Waschen hellblau waren (schöner als vorher!), komme ich mittlerweile allerdings ganz gut zurecht. 
©Know Your Meme
                Dazu kam für mich und andere Erasmus-Studenten, die ich kennengelernt habe, dass bei einem oder maximal zwei Koffern Gepäck einfach vieles fehlt. Und für die paar Monate lohnt es sich oft nicht, solche fehlenden Dinge zu kaufen. So haben wir gelernt, mit relativ wenig auszukommen und zu improvisieren. Eine Glühweinflasche dient als Nudelholz für den Plätzchenteig, Zahnseide zwischen zwei Schranktüren wird zur Wäscheleine und aus einem Müllbeutel wird ein Regenüberzug für den Rucksack gebastelt.
Der perfekte Schutz vor dem berüchtigten walisischen drizzle
                Wie „intern gesteuert“ ich nach diesem Semester geworden bin? Für eine genaue Analyse bin ich zu wenig Hobbypsychologin. Ich merke aber definitiv, dass ich mehr Vertrauen in meine Fähigkeiten habe und glaube daran, dass ich aktiv beeinflussen kann, was mir passiert und wie erfolgreich ich bin. Und die Moral von der Geschicht', willst du dein Selbstwertgefühl stärken, studier' im Ausland! (Oder so ähnlich…)
©Literary Hub

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