Mittwoch, 30. Oktober 2019

„Is German beer really THAT good?”


Wahrscheinlich die Frage, die mir bisher am häufigsten in England gestellt wurde. Und meine Antwort war leider immer enttäuschend: Nämlich dass ich es nicht beurteilen kann, weil ich kein Bier-Fan bin. Dieses Beispiel zeigt uns allerdings eins: Bei einem Auslandsstudium kommen Studenten von überall aus der Welt zusammen, sind neugierig und interessieren sich für die fremden Kulturen.
So fragen mich meine chinesischen Mitbewohner zum Beispiel fast jedes Mal, wenn ich koche, was das sein soll, weil sie es noch nie gesehen haben (Allerdings würden auch Deutsche bei meinen Kochkünsten nicht wissen, was ich da zusammenbraue – Ich weiß es ja selbst nicht). Ich wiederum habe meine Mitbewohnerin aus Shanghai neulich gefragt, ob sie da gerade etwa Salat in einem Topf kocht?! (Es war übrigens Wirsing.)


Allein in meiner WG wohnen Studentinnen aus drei Nationen zusammen: China, USA und Deutschland. Ich war überrascht, wie viele andere internationale Studenten hier sind – Ja, sogar wie viele andere Deutsche hier sind! Jedes Mal, wenn ich denke, dass ich jetzt wirklich auch dem letzten deutschen Studierenden begegnet bin, treffe ich noch einen. 
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Viele verschiedene Kulturen plus die fremde Kultur, die uns ja sowieso schon umgibt – Das führt dazu, dass ein Auslandsstudium unsere interkulturelle Kompetenz (intercultural proficiency) verbessert. Das hat eine Studie („Student Intercultural Proficiency from Study Abroad Programs“, Clarke III et al.) bei US-amerikanischen Studenten nachgewiesen.
Aber was bedeutet eigentlich „interkulturelle Kompetenz“? Zusammengefasst: Die Fähigkeit macht es möglich, gut mit Mitgliedern anderer kultureller Gruppen umzugehen. Ganz schön vage. Zum Glück haben Clarke III et al. das Konzept in vier Aspekte aufgeteilt: international orientiertes Denken (global mindedness), interkulturelle Kommunikation (intercultural communication), Offenheit für kulturelle Vielfalt (openness to diversity) und interkulturelles Feingefühl (intercultural sensitivity).
Erst wenn wir uns für kulturelle Vielfalt öffnen, merken wir, dass auch unser eigenes Verhalten für andere seltsam sein kann. Ich war geschockt, als ich zum ersten Mal mit meiner Mitbewohnerin aus Hongkong am Esstisch saß. Lautes Schlürfen und Schmatzen ist für sie ganz natürlich. Für mich als Deutsche geht das gar nicht, dafür ist es für sie ein No-Go, sich am Tisch die Nase zu putzen – ups… Im Gespräch mit anderen Kulturen kann uns so auch etwas über uns selbst klar werden. Zum Beispiel würde ich auch bei relativ schlechtem Service zumindest ein bisschen Trinkgeld geben, während das für meine englischen Freunde nicht in Frage käme. 


Ein Aspekt, an dem ich auf jeden Fall in Zukunft arbeiten muss, ist kulturelles Feingefühl. Bei so vielen Unterschieden ist eben auch eine gewisse Vorsicht im Umgang miteinander geboten. Wir wollen ja niemanden beleidigen, wie ich das mit meinem Fettnäpfchen-Detektor natürlich direkt geschafft habe. In einer Vorlesung sollten wir zu zweit über Pressefreiheit diskutieren. Meine Nebensitzerin war Russin und hat meinen Kommentar zu Putins Propaganda nicht so gut aufgenommen…
Ein gutes Beispiel für den Aspekt der interkulturellen Kommunikation sind meine Chatverläufe mit englischen Freundinnen. Jede Nachricht von ihnen endet mit ein oder mehreren x (kisses) und ist mit mindestens einem Kosewort verziert: „Hey hun, you at home? xx“, „It’s all good, babes, will see you shortly x”, “Thanks beaut, you too xxx”. Und was soll ich sagen – Ich liebe es! Es gibt einem das Gefühl, gemocht zu werden und bringt auch schlechte Nachrichten besser rüber, wie hier:

[Ich:] Hey, are you going to the media and society lecture later?
[Kommilitonin:] That just finished, angel, it started at 1 xx. 
(Und das ist die Geschichte, wie ich gleich meine allererste Vorlesung hier verpasst habe.)

Also, denkt global! Jeder von uns sollte sich klarmachen, dass die eigene Kultur nicht die einzige ist und auch sicher nicht die einzig richtige. Nicht jeder ist wie du und sieht die Dinge genau wie du – Und das ist gut so! Sonst wäre es ja auch ein bisschen langweilig, oder hun? xxx

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