Meint ihr, nach eurem Auslandssemester sagen euch eure Freunde daheim:
„Du hast dich aber ganz schön verändert“? Ist euch vielleicht selbst schon eine
Veränderung aufgefallen? Mir auf jeden Fall. Damit meine ich nicht, dass meine
Haare gewachsen sind oder ich nach dem ganzen Regen hier Schwimmhäute zwischen
den Fingern bekommen habe. Nein, ich spreche von meinem Verhalten und meinen Einstellungen.
Was genau sich verändert hat? Kommt gleich, aber zuerst noch etwas vorab:
Habt ihr schon mal von Transformative Learning gehört? Nein? Spätestens wenn ihr ein
Auslandssemester macht, werdet ihr – Nein, davon hören werdet ihr
wahrscheinlich trotzdem nicht. Aber es wird euch ziemlich sicher passieren,
wenn auch unbewusst.
Schauen wir uns mal unser Lieblingsbeispiel an:
Lisa ist frisch von ihrem Gap Year
zurückgekommen und erzählt jedem, der es nicht hören will, ganz begeistert:
„Meine Zeit in Australia war echt lifechanging!“ So etwas habt ihr doch
schon eher mal gehört, oder? Was Lisa hier beschreibt ist im Prinzip nichts
anderes als eine Bestätigung von Mezirows Transformative
Learning Theory. Eine neue und unbequeme Situation bringt uns zum
Nachdenken über bisherige Ansichten und Verhaltensweisen und sorgt dafür, dass
wir diese in Zukunft verändern. Eine Studie („An Investigation of Experiential and Transformative Learning in Study Abroad Programs“, Strange & Gibson) hat
gezeigt, dass transformatives Lernen auch bei einem Auslandsstudium auftritt.
Wir sind nach einem Auslandssemester zum Beispiel meist viel weniger auf unsere eigene Kultur fixiert und sehen auch das Positive
an fremden Kulturen. Ich habe in meinen letzten Posts aber schon genug darüber
gesprochen, wie wichtig Offenheit gegenüber Neuem ist. Und die Veränderung beim
transformativen Lernen muss sich auch gar nicht darauf beziehen, wie wir andere
sehen. Bestimmte Situationen können nämlich dazu führen, dass sich verändert,
wie wir uns selbst sehen.
Und genau das ist mir passiert. Wenn früher aus
einer Sache, die ich gerne gemacht hätte oder einer Veranstaltung, zu der ich
gerne gegangen wäre, doch nichts geworden ist, war der Grund oft folgender: Ich
hatte niemanden gefunden, der mitmachen wollte und ich konnte „auf keinen Fall
allein hingehen“! Auch neulich hat mir hier eine Freundin für ein Pub Quiz
abgesagt und ich saß stattdessen abends allein
in meinem Zimmer (naja nicht ganz allein – Netflix sei Dank). Jetzt
denke ich: Warum bin ich nicht einfach allein hingegangen?
An einer neuen Uni, in einer neuen Stadt, ja in
einem neuen Land kennen wir (erst einmal) wenige Leute. Da kann es öfter
vorkommen, dass wir mal allein dastehen.
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Aber das ist kein Grund, alles abzusagen. Letzte Woche wollte niemand
mit zum „Meet your Neighbour“-Treffen vom Wohnheim gehen. Statt zuhause zu
bleiben, bin ich mutig allein hingegangen. Es standen zwar nur fünf Inder um
einen Billardtisch herum und nach zwei unglaublich unangenehmen Minuten bin ich
wieder gegangen – Aber ich war stolz auf mich!
Seit ich hier bin, traue ich mir selbst nämlich
mehr zu und denke nicht mehr, dass ich immer jemanden dabei haben muss. Ich
kann allein mit dem Flugzeug fliegen, allein Wäsche waschen (jaja, ich weiß,
dass ich 21 bin), allein einen Tagesausflug nach Cambridge machen. Vielleicht
werde ich ja auf der Busfahrt jemanden kennenlernen. So hat meine Freundin
Rachael letztes Wochenende allein London erkundet und direkt eine neue Freundin
gefunden, die sich auch die Stadt angeschaut hat. Und wenn ich niemanden
kennenlerne? Dann schaffe ich es auch ganz allein!
Vorher war ein Sportabend in der Uni und ich habe
nicht erst nachgefragt, wer alles mitkommt, bevor ich ein Ticket gebucht habe. Zwar
bin ich mit Freundinnen hingegangen, doch allein wäre es auch kein Problem
gewesen. Und das mag für andere selbstverständlich sein, für mich ist es aber eine
große Veränderung, die das Auslandsstudium mit sich gebracht hat.
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Ein Wild Child/Gossip Girl-Traum wird wahr: Lacrosse spielen beim Sportabend |
Aber versteht mich nicht falsch: Ich sage nicht,
dass wir alle zu Einzelgängern werden und niemanden um Hilfe bitten sollten.
Aber habt mehr Vertrauen in euch selbst und darin, was ihr alles erreichen
könnt, wenn ihr auf euch allein gestellt seid. Diese Erkenntnis können wir auch
mit nach Hause nehmen – Geh doch einfach allein in den Indie-Kinofilm, der
außer dir niemanden interessiert. Natürlich macht es mit anderen zusammen meist
mehr Spaß, aber wenn es mal nicht anders geht, dann schafft ihr es auch ganz
allein!
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