„Warum willst du ein Auslandssemester in England machen?“
Das war eine der Fragen, die mir im Erasmus-Bewerbungsgespräch an der Uni
gestellt wurden. „Weil ich mein Englisch verbessern will“, fiel mir als
Anglistik-Studentin als erstes ein. (Eigentlich als zweites, aber ich konnte ja
schlecht sagen, dass einige junge, attraktive Royals an den Unis des Landes studieren.) Eine Fremdsprache zu
verbessern ist auch für viele andere ein wichtiger Beweggrund, im Ausland zu
studieren.
Und das zu Recht. Eine Studie („A Comparison of Spanish Second Language Acquisition in Two Different Learning Contexts: Study Abroad and the Domestic Classroom“, Segalowitz et al.) verglich die
sprachlichen Lernerfolge (Second Language
Learning) von US-amerikanischen Studierenden nach einem Auslandssemester in
Spanien mit solchen, die am regulären Spanisch-Unterricht an der Heimatuni
teilgenommen hatten. Die Studie zeigt folgendes: Ex-Auslandsstudenten sprechen
besser und flüssiger als Daheimgebliebene. Die ehemaligen Auslandsstudenten
konnten außerdem besser auf Spanisch erzählen und mussten weniger sprachliche
Lücken ausgleichen.
Das kann ich bestätigen: Nach zwei Monaten in
England fällt es mir schon viel leichter, etwas zusammenhängend und schnell auf
Englisch zu erzählen. Aber keine Ahnung, wie grammatikalisch korrekt das dann
ist. So fanden auch Segalowitz et al. heraus: Was Grammatik und Aussprache
betrifft, zeigte die Studie keine Unterschiede zwischen ehemaligen
Auslandsstudenten und Daheimgebliebenen.
Ich lerne hier aber auf jeden Fall viel mehr neue
Vokabeln, als es mir zuhause möglich wäre. Dabei ist meine Tandem-Partnerin eine
riesige Hilfe – Ich kann euch diese Lernmethode wirklich nur empfehlen. Ihr
habt so direkt einen einheimischen Freund gefunden, der eure Fehler verbessert
statt über sie hinwegzuhören. Außerdem lernt ihr die Umgangssprache und Kultur
kennen. Meine Tandem-Partnerin hat mir zum Beispiel vom North-South Divide in England erzählt, der sich schon in Kleinigkeiten
wie der Aussprache von Scones äußert (Und
je nach Aussprache und Ort wird man eventuell als posh bzw. als ungebildet abgetan.)
Noch eine Kontroverse rund um Cream Tea (Tee und Scones mit Marmelade und Clotted Cream): Kommt zuerst Marmelade oder Clotted Cream auf den Scone? |
Während wir in Deutschland vor allem amerikanisches
Englisch hören (in Songs oder wenn wir eine TV-Serie suchten), lerne ich hier
zur Abwechslung mal speziell britische Vokabeln. Das ist teilweise wie eine ganz
neue Sprache zu lernen: Was bedeutet zum Beispiel “It’s tipping it down“? Keine Ahnung? Dass es sehr stark
regnet. Und “It’s spitting”? Nieselregen. Die Briten sagen lads und mate und „You
alright?“ statt „How are you?”. Außerdem hört ihr überall „Cheers!“, was
gleich drei verschiedene Bedeutungen haben kann (ein Trinkspruch, „Danke“ oder „Tschüss“).
Pullis sind jumpers, nicht sweaters und Sneakers sind trainers. Auch ganz wichtig: Chips sind
nicht chips sondern crisps und Pommes sind nicht fries sondern chips. Und, hast du dir alles gemerkt?
©ME.ME |
Was deutlich besser geworden ist, ist mein Sprachverständnis
– nach jeder Menge unangenehmer Situationen. So habe ich vor einer Weile
versucht, im Restaurant einen Burrito zusammenzustellen und musste die Bedienung
bei jedem Bestandteil mindestens zweimal fragen, was das ist, bevor ich zumindest
mal wusste, ob es sich um Fleisch oder Gemüse handelt. Die Briten machen es
Ausländern mit ihren teils unverständlichen Dialekten wirklich nicht leicht. Trotzdem verstehe ich
mittlerweile sogar in einem lauten Pub mit einem Cider intus noch den
nuschelnden Barmann. Dafür hat mich wahrscheinlich schon der
Englisch-Unterricht in der Schule trainiert.
©visualstatements.net |
Egal ob sich mein Englisch verbessert hat oder nicht – Ich bin zumindest selbstbewusster geworden, was das Sprechen angeht. Bevor mein Auslandssemester begonnen hat, musste ich ständig mit der Uni Nottingham telefonieren, um irgendwelche Orga-Probleme zu lösen. Der Horror für mich! Jetzt muss ich vor Telefonaten auf Englisch nicht mehr tief durchatmen, sondern mache es – wie meine Mutter sagen würde – auf dem linken Pobäckle.
Es kommt allerdings auf jeden von uns selbst an, ob
und wie sehr wir unsere sprachlichen Fähigkeiten verbessern. Wir sind selbst
dafür verantwortlich, die entsprechende Sprache häufig zu benutzen und nicht zu
viel bei unserer Muttersprache zu bleiben. Das klingt jetzt so einfach und
selbstverständlich, aber auf dem Gebiet habe ich in den letzten Tagen auch
„versagt“: Erst kamen mich meine Eltern besuchen, dann bin ich am Wochenende
mit deutschen Freundinnen nach Liverpool und Cambridge gefahren. Auch heute war
ich nur in einer Vorlesung und habe anschließend den Deutsch-Unterricht von
Briten im Rahmen eines Projekts besucht. Speaking of deutsche Blase…
Die Beatles-Statue in Liverpool – Was auf dem Bild nicht zu sehen ist: Wie wir bei fünf Grad, Wind und Regen fast erfroren sind |
Punting bei Sonnenschein in Cambridge – Fast wie Stocherkahn fahren daheim |
Also, tun wir etwas für unsere Sprachkenntnisse! Sucht Kontakt zu internationalen oder einheimischen Studierenden, tragt in
eurem Seminar etwas bei und verabschiedet euch vom Stubenhocker-Dasein. Sich
einfach passiv mit der Sprache berieseln lassen hilft leider nicht so viel.
Eine andere Möglichkeit zeigt uns eine Gruppe österreichischer Studenten, die
ich hier kennengelernt habe: „Wir haben unter uns ausgemacht, dass wir immer
nur auf Englisch miteinander sprechen und chatten.“ Das geht mir persönlich zwar
ein bisschen zu weit, aber wem das gefällt – nur zu. Ich antworte den
Österreichern allerdings konsequent auf Deutsch – einfach nur, um sie zu
ärgern. ;)